L'Officiel Art

Expo: Die nackte Wahrheit

Sinnlich, poetisch und manchmal geradezu provokativ: Im Museum für Fotografie in Berlin werden die Nackt-Fotografien von drei weltberühmten Künstlern ausgestellt.
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Die Schönheit des nackten Körpers ist seit jeher faszinierend. Man denke nur an das Kunstwerk der berühmten Venus von Willendorf, die wahrscheinlich vor etwa 30 000 Jahren von einem unbekannten Künstler geschaffen wurde. Aber auch in der Fotografie, das älteste der neuen Medien, tritt die Nacktheit regelmässig auf. Besonders der nackte Körper der Frau ist seit den Pioniertagen 1839 ein beliebtes Motiv. Die Kombination von Exhibitionismus und Voyeurismus - mit teils realistischen, teils offensichtlich inszenierten Arbeiten - fasziniert den Betrachtenden genauso wie den Erschaffenden. Die drei Fotografen der Akt-Ausstellung in Berlin gehören zu den sensibelsten, experimentellsten und formendsten Aktfotografen des 20. Jahrhunderts.

Neben seiner Arbeit als Modefotograf ging Saul Leiter (1923-2013) auch regelmässig ins Studio, um Aktportraits zu schiessen. Zu seinen Lebzeiten blieben jedoch fast alle diese Fotos unter Verschluss. Nur wenige seiner Freunde kannten die ruhigen, intimen Schwarz-Weiss-Bilder von Leiter. Während der US-Amerikaner seine Farbfilme in Fotolabors verarbeiten liess, entwickelte er die Aktportraits selbstständig in seiner Dunkelkammer. Die weiblichen Models waren Freundinnen oder Liebhaberinnen, die der Künstler in seiner Wohnung in New York porträtierte. Warum Leiters Bilder kaum das Licht der Welt erblickten, ist unbekannt. 

Bild rechts: Helmut Newton: Jenny Capitain, Pension Florian, Berlin, 1977. © Helmut Newton Estate.

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Glücklicherweise wurden die beeindruckenden Werke nach seinem Tod gefunden. Erstmals werden sie nun im grossen Rahmen ausgestellt. Etwa zweihundert Drucke ermöglichen einen Blick darauf, wie der Künstler die Frauen sah. Es sind subtile, sensible, manchmal fast schüchterne Annäherungen an den weiblichen Körper. Wir sehen Frauen zusammen oder alleine, wie sie sich auf einem Sofa zurücklehnen, beim Rauchen einer Zigarette in Gedanken versunken sind oder mit einem Lächeln im Gesicht in die Kamera schauen.

Bild links: Helmut Newton: Debra und Red Exterior, Beverly Hills, 1991. © Helmut Newton Estate.

Eine ähnliche visuelle Atmosphäre herrscht in den Werken von David Lynch (1946). Obwohl dieser vor allem als Filmregisseur bekannt ist, verschwindet der US-Amerikaner auch regelmässig hinter der Kamera, um Bilder zu schiessen. In seinen abstrakten Arbeiten stehen Details im Zentrum. Erst bei genauerer Betrachtung können diese mit einem Körper in Verbindung gebracht werden. Lynch wählt unerwartete Perspektiven und präsentiert seine Arbeiten im Grossformat, was bedeutet, dass die meisten seiner Werke grösser dargestellt werden, als sie im wirklichen Leben sind. Wie in seinen Filmen ist seine Fotografie oft surreal und durchzogen von gelegentlichen sexuellen Anspielungen.

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Saul Leiter: Fay, Smoking, New York, c. 1946. © Saul Leiter Foundation. Courtesy Howard Greenberg Gallery.
Saul Leiter: Marianne, New York, 1950s. © Saul Leiter Foundation. Courtesy Howard Greenberg Gallery.
David Lynch: Untitled (Lodz), 2000. © David Lynch.
Helmut Newton: Bergström over Paris, Paris, 1976. © Helmut Newton Estate.

Manchmal subtil, manchmal explizit, aber immer gleichermassen rätselhaft: Durch die extremen Nahaufnahmen gelingt es dem Regisseur, ein Gefühl und eine Illusion der Intimität zu vermitteln. Sie wecken ein Gefühl von fast greifbarer Körperlichkeit, auch wenn nur ein nackter Oberschenkel oder Arm sichtbar ist. So fremd und bekannt zugleich. Der dritte Fotograf, dessen Arbeit gezeigt wird, ist Helmut Newton (1920-2004). Nach Ansicht vieler ist er der König der erotischen Fotografie. In den 1970er-Jahren begann er, Aktfotos zu schiessen, die in seinen Modestrecken und freien Arbeiten veröffentlicht wurden.

Bis zu seinem Tod war der nackte Körper ein wichtiger Bestandteil der Bilder des deutsch-australischen Fotokünstlers. Seine Arbeit machte ihn weltberühmt und  inspiriert noch heute viele Fotografierenden. In der Ausstellung sind etwa achtzig bekannte Bilder aus Newtons Werk zu sehen, zusammen mit vierzig Bildern aus seinem Archiv, die noch nie zuvor ausgestellt wurden.

Bild rechts: David Lynch: Untitled, Los Angeles, 1990. © David Lynch.

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Noch bis zum 19. Mai 2019: "Saul Leiter. David Lynch Helmut Newton: Nudes", Museum für Fotografie, Berlin.

www.smb.museum

www.helmutnewton.com

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