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Die Kraft der Düfte - was Sie wissen sollten

Lange Zeit wurde das Riechen als niederer Sinn abgetan. Neuere Forschungen belegen, dass unsere Nase massgeblich daran beteiligt ist, wie wir Entscheidungen treffen. Höchste Zeit, den Geruchssinn zu rehabilitieren.

"Ich kann dich nicht riechen" oder aber "Ich bekomme die Nase gar nicht voll genug". Nicht nur Tiere, auch Menschen kommunizieren über Gerüche – unbewusst und schnell. Die Nase enthält 10 Millionen Geruchsrezepto- ren, die bis zu 10 Trillionen Gerüche unterscheiden können. Das Geruchszentrum ist eng mit dem limbischen System verbunden.

So können Düfte ohne Umwege über die Grosshirnrinde direkt auf unsere Emotionen einwirken. Der Mensch ist mit etwa 350 olfaktorischen Rezeptorgenen ausgestattet, die eine Art Duft-Alphabet bilden. Darum ist die Wahrnehmung von Gerüchen auch bei jeder Person einzigartig. Die gute Nachricht: Riechen kann man auch trainieren!

"Je mehr wir üben, Düfte auseinanderzuhalten, desto höher ist die Lebensqualität", meint Hannes Hatt. Der Zellphysiologe von der Universität Bochum gehört zu den renommiertesten Duftforschern von Deutschlands und plädiert für einen Riechunterricht an Schulen. In seinem Buch "Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken" hat er den aktuellen Forschungsstand amüsant und verständlich zusammengefasst. Spannend zu wissen: Gefühle wie Angst, Erregung oder Abscheu können den Schweiss verändern, so dass wir Emotionen über die Nase wahrnehmen können. Oder: Menschen, die ihren Geruchssinn verloren haben, neigen eher zu Depressionen.

Und: Obwohl sich Geruchszellen alle 28 Tage erneuern, nimmt der Geruchssinn im Alter ab. Wohlriechende Düfte sind natürliche Stimmungsaufheller und machen glücklich oder wirken heilend – Stichwort Aromatherapie.

Auch bei der Partnerwahl spielt der Geruchssinn eine entscheidende Rolle. Männer können riechen, wenn Frauen ihren Eisprung haben. Frauen hingegen haben einen instinktiven Riecher für den richtigen Mann. Denn als die Partnerwahl noch in ihren archaischen Wurzeln steckte, war eine stabile Gesundheit die einzige Überlebenschance. Tun sich zwei Menschen mit einem ähnlichen Gen-Code zusammen, kann dies zu einem geschwächten Immunsystem beim Nachwuchs führen. Nach dem Motto "Gegensätze ziehen sich an" wählen Frauen darum einen Partner mit einem möglichst unterschiedlichen Gen-Pool. Mittlerweile sind bereits Studien geplant, die den Gebrauch von Parfüms, Duschmitteln und Deodorants auf einen möglichen Zusammenhang mit den steigenden Scheidungsraten erforschen sollen. Man darf gespannt sein. 

Obwohl also unser Eigengeruch so viel über uns aussagt (und uns vielleicht zum perfekten Partner verhelfen könnte), greifen wir zu Parfüms und überdecken unseren eigenen Körperduft, um attraktiver zu erscheinen, uns mit flüchtigem Luxus zu umhüllen und unser Wohlbefinden zu steigern. Zu den ältesten und begehrtesten Duftstoffen gehört die Rose. Ein Liter hochwertiges Rosenöl wird aus 5 000 Blütenblättern destilliert und kann rund 20 000 Franken kosten.

Bereits früh in der Geschichte wurden auch Jasmin, Veilchen, Flieder, Lavendel, Maiglöckchen, Nelken, Zimt und Vanille für Parfüms verwendet. Vanille gehört heute weltweit zu den beliebtesten Düften. Muttermilch duftet danach, Babybreis werden damit verfeinert und es wird ihr auch eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt. Chandler Burr, einer der bekanntesten Parfümkritiker, formuliert es in seiner typisch prägnanten Art wie folgt: "Männer lieben Vanille, deshalb riechen alle Huren der Welt so."

Schaut man auf die Top Ten der New Yorker Fragrance Foundation, gehörten zu den beliebtesten – sprich am besten verkauften – Parfüms 2017 vor allem Düfte, die schon seit einigen Jahren auf dem Markt sind – von "Chanel No. 5", über "J’adore" von Dior bis hin zu "La vie est belle" von Lancôme. So schnell ändern sich die Vorlieben anscheinend nicht. Denn haben wir endlich unsere Formel gefunden, kehren wir immer wieder zu ihr zurück – ein Parfüm kann so ein Begleiter fürs ganze Leben werden. 

Aber auch Düfte unterliegen Trends. Die 60er-Jahre verschwanden in einem Nebel von Patschuli. Die freie Liebe der 1970er manifestierte sich in einer Vorliebe für wolllüstigen Moschus.

In den 80ern herrschten schwere und süsse Düfte vor, und die 90er wurden auch olfaktorisch – in Form von leichten Zitrusdüften – vom Purismus dominiert. Vor ein paar Jahren gab es dann einen gewaltigen Boom der Oud-Düfte. Wegen der steigenden Nachfrage sind auch die Preise für deren Rohstoff gestiegen und in schwindelerregende Höhen geschossen. Ein Liter Öl des Adlerholzbaumes kann bis zu 50 000 Franken kosten.

Mittlerweile geht der Trend Richtung Individualisierung und überraschende Nischendüfte. Hat man genug Kleingeld, kann man sich bei Guerlain in Paris oder bei Barney’s in New York sein persönliches Parfüm massschneidern lassen. Weltweit gibt es nur um die 1000 "Nasen". Davon sind rund 400 im Dienste der Luxusindustrie. Sie sind für jedes Parfüm, das produziert wird, verantwortlich und nehmen so einen grossen Einfluss darauf, wie unsere Zeit duftet.

Mit viel Know-how, Sensibilität und Intuition schaffen sie es, ständig neue Düfte zu kreieren, die dem Zeitgeist entsprechen. Schaut man auf die aktuellen Herbstneuheiten, fällt auf, dass süssliche und sanfte Duftnoten wie Mandeln, Mandelmilch, Pistazien, Honig und Haselnüsse vorherrschen – vielleicht ist das ja bereits ein neuer Trend.

 

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